Sind Naturwissenschaft und Spiritualität zu vereinbaren?
- Eher sollte die Naturwissenschaft spirituell
ausgerichtet sein. Sonst ist sie keine wahre Naturwissenschaft, denn unsere
Natur, die Natur, ist spirituell. Die materielle Welt, womit sich die Naturwissenschaft
meistens befaßt, ist eine Verfestigung von Gedanken und spirituellen Prozessen.
Wir (er)schaffen unsere materielle Realität nach unserer geistigen Einstellung
und unserem Verhalten, und nicht umgekehrt. Die moderne Naturwissenschaft soll
spiritualisiert werden, sonst verdient sie den Namen nicht, nämlich Naturwissenschaft.
Mit anderen Worten, wir können nicht das Ganze auf einen Teil des Ganzen reduzieren und aus diesem Teil das Ganze zu verstehen versuchen. Die materielle Welt ist nur ein Teil der Realität. Es gibt aber andere Welten als die des Materiellen. Diese werden in einigen Mantren besungen.
Um die Beziehung Naturwissenschaft<->Spiritualität zu analysieren können
wir sie mit Hilfe einer Analogie betrachten. Nehmen wir als Beispiel die Theorie
der Elektrizität auf der einen Seite und die Theorie des Magnetismus auf der
anderen Seite als einzelne Bestandteile der ,,gesamten Theorie der Physik''
und betrachten wir analog die Beziehung zwischen Religion bzw. Spiritualität
und Physik bzw. Naturwissenschaft wie einzelne Bestandteile unseres Gesamtwissens.
Heute ist das Schlüsselwort in der Theoretischen Physik ,,Unification'', das
heißt ,,Vereinigung", bzw. "Vereinheitlichung". Die Naturforscher streben an,
eine vereinheitlichte Theorie zu gestalten, die die grundlegenden Prinzipien
jedes Phänomens enthält. Woher kam das Streben zu diesem Ziel? Aufgrund dessen,
daß unsere Erfahrung von vielen Jahren in der Forschung uns gezeigt hat, daß
die Theorien zur Erklärung unterschiedlicher Phänomene, wenn sie weiter herausgearbeitet
sind, häufig die Existenz einer neuen allgemeineren Theorie enthüllen -nennen
wir sie eine ,,Gesamttheorie''-, die die ursprünglichen (angeblich) unterschiedlichen
Theorien einfach als Sonderfälle enthält. Die grundlegende Gesamttheorie wird
dadurch entdeckt, daß die Theorien für unterschiedliche Phänomene manchmal strukturelle
Ähnlichkeiten haben, die sogenannten mathematischen Symmetrien, die eine grundlegende
Gemeinsamkeit erahnen lassen. Auf diese Weise haben die Physiker ein Gefühl
für folgendes entwickelt: Wenn eine Theorie nicht alle Phänomene erklären kann,
die sie hätte berücksichtigen bzw. beinhalten sollen, dann wird eine Erweiterung
dieser Theorie es sicherlich enthüllen, daß das bislang durch diese Theorie
gewonnene Verständnis nur bedingt richtig, wenn nicht sogar falsch war.
Infolgedessen bin ich der Meinung, daß, wenn zwei Aspekte unseres Wissens vollkommen unvereinbar sind -wie die Religion auf einer Seite und die Physik auf der anderen- wir daraus folgern sollten, daß unser gegenwärtiges Konzept der Religion sowie das der Physik, mangelhaft sein müssen.
Diese Situation kommt häufig selbst in der Physik vor. Um es deutlicher mit
einem konkreten Beispiel zu illustrieren, mögen wir uns an unser Konzept von
Elektrizität und Magnetismus Ende des vergangenen Jahrhunderts erinnern. Bis
dahin schienen uns elektrische und magnetische Phänomene ganz unterschiedlich
zu sein. Trotzdem, ihre Wechselwirkungen und Symmetrien (so etwas wie mathematische
Metaphern) veranlaßten den Theoretischen Physiker Clerk Maxwell (1831-1879)
zu versuchen, die bislang beobachteten elektrischen und magnetischen Effekte
in einem einzigen mathematischen Ausdruck zusammenzufassen. Und ihm ist es gelungen,
die elektrischen und magnetischen Phänomene in nur vier eleganten Gleichungen
(die wiederum als eine einzelne tensoriale Gleichung geschrieben werden können)
darzustellen und zu vereinen, d. h. zu konzilieren. Er hat damit gezeigt, daß
Elektrizität Magnetismus und Magnetismus Elektrizität erzeugen können. Wenn
man diese Gleichungen weiter behandelt, transformieren sie sich zu einer Wellengleichung,
in der sich die Naturkonstanten von Elektrizität und Magnetismus in solcher
Weise verbinden, daß sie eine neue Konstante bilden, nämlich die Lichtgeschwindigkeit
selbst!. Dann hat man verstanden, daß Elektrizität und Magnetismus eine von
der Materie unabhängige Existenz (als mit Lichtgeschwindigkeit reisende elektromagnetische
Wellen) haben können, dadurch, daß sie sich gegenseitig erzeugen und erhalten.
In jener Zeit war diese rein theoretische Entdeckung etwas wirklich Unerwartetes,
denn die optischen Phänomene schienen vollkommen anders zu sein, als die elektromagnetischen.
Nach Maxwells Erkenntnis aber wurde das Licht auch als ein elektromagnetisches
Phänomen verstanden. So wurden nicht nur die Elektrizität und der Magnetismus,
sondern auch die Optik in einer einzigen allgemeineren Theorie vereint. In der
Zeit von Newton hätte sicherlich niemand daran denken können, daß, um ein optisches
Phänomen zu verstehen -wie z. B. die Streuung des weißen Lichtes an einem Kristall
in unterschiedlichen Farben- eine Theorie für Elektrizität und Magnetismus eine
Voraussetzung wäre, d. h. man müsse nicht an das Licht "als Licht" denken, sondern
man hätte es wie einen elektromagnetischen Effekt zu betrachten!
Bei dieser Vereinigung wurde offensichtlich, daß das derzeitige Wissen über Elektrizität, Magnetismus und Optik nicht nur mangelhaft sondern in vielen Aspekten eben falsch war: Denken wir z. B. an den Stabmagneten, für den -in Analogie zur positiven und negativen elektrischen Ladung- die Existenz von magnetischen (Mono)Polen angenommen worden war, und sogar eine Einheit für ihre Größe eingeführt wurde, während mit der elektromagnetischen Theorie Maxwells klar wurde, daß sie als solche nicht existieren.
Später, in diesem Jahrhundert, wurde diese Theorie noch weiter entwickelt und zusammen mit der Schwachekraft in einer Elektroschwache-Theorie vereinheitlicht. In der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung werden die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkungen als zwei Manifestationen einer fundamentaleren Wechselwirkung angesehen.
Nach dem großen Erfolg der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung wurden
Versuche unternommen, diese auch noch mit der starken Wechselwirkung in sogenannten
,,Großen Vereinheitlichten Theorien" (Grand Unification Theories, kurz GUT)
zu vereinigen. In einer dieser Theorien werden Leptonen und Quarks als zwei
Manifestationen einer einzigen Teilchenklasse angesehen. Es gibt noch keine
selbstkonsistente Theorie, die die oben genannten Kräfte mit der Gravitationskraft
vereinbart -jedoch einige gute Theorie-Kandidaten. Es ist aber offensichtlich,
daß wir uns langsam Einsteins Traum nähern, nämlich alle in der Natur auftretenden
Kräfte nur durch eine vereinheitlichte Theorie zu beschreiben. Was zeigt uns
das alles? Interpretieren wir die Entwicklung unserer Wissenschaft metaphorisch.
Wir haben dabei gelernt, daß scheinbar getrennte Bereiche unseres Wissens sich
später als unterschiedliche Manifestationen eines einzigen Phänomens, einer
einzelnen Naturkraft erwiesen. Das ist eine wichtige Moral der Geschichte der
Wissenschaft, wenn man sie als Märchen betrachtet: nämlich, daß unser Naturwissen
sich in eine eindeutige Richtung entwickelt: die Vereinigung, die Konziliation
von noch angeblich unterschiedlichen Feldern in einem vereinheitlichten Feld
-die ,,Unification" von Teiltheorien in eine umfassende, vollständige Gesamttheorie.
Wenn die Entwicklung der Wissenschaft metaphorisch interpretiert wird, d. h. wie eine Poesie, wagt man zu vermuten, daß Naturwissenschaft und Spiritualität sich zu einem vereinheitlichten Wissen ergänzen, die wir
,,Erkenntnisschaft"
nennen könnten -im Gegenzug zur Wissenschaft. Wenn sie uns heute als sehr getrennte Welten erscheinen, ist das nichts anderes als ein Ausdruck unseres mangelnden Verständnisses darüber, was die Naturwissenschaft und was die Spiritualität ist. Übrigens, mögen wir uns hier daran erinnern, daß etymologisch das Wort ,,Religion'' (aus dem Latein: re-ligare) und das Sanskritwort ,,Yoga'' beide Wiedervereinigung bedeuten. Im Yoga und Religion geht es um die Wiedervereinigung mit Gott; in der modernen Naturwissenschaft um die Vereinigung in einer einzigen Gesamtheorie durch die Einführung, bzw. Entdeckung, eines vereinheitlichten Feldes. Wäre es nicht wahrscheinlich, daß sie sich alle zum selben Ziel entwickeln, ohne es zu wissen, daß es das Selbst ist?
Die naturwissenschaftliche
Forschung sollte auf das Verstehen der Naturgesetze und auf die Frage ,,wer
bzw. was sind wir?" ausgerichtet sein und nicht nur der technologischen
Entwicklung dienen. Die einseitige technologische Entwicklung in Unkenntnis
unseres wahren Wesens führt zur Verseuchung, zur Selbstzerstörung und den abscheulichen
Anwendungen der Waffentechnologie.
Als Physiker und Spiritueller Heilungsbegleiter wünsche ich, daß jedes Individuum sich seiner spirituellen Natur bewußt wird und daß wir alle zusammen eine neue Menschheit, eine bessere Gesellschaft auf der Erde gestalten, in der Naturwissenschaftler, Schulmediziner, Heilpraktiker, Psychotherapeuten und werdende Spirituelle HeilerInnen zum Wohle aller in Kooperation und Respekt und Verständnis für einander arbeiten.
Das ist mein Ziel, zusammen mit der Gottesverwirklichung: die Festigung dieses
Bewußtseinszustandes vollkommener Liebe, inneren Friedens und der Einheit mit
allen Geschöpfen, in den ich mich bei jeder Heilungssitzung versetze.
Copyright © 2002 by Dr. Pablo ALemany.